Abkopplung in Asien
04.12.07 10:21
ABN AMRO
Amsterdam (aktiencheck.de AG) - Asien ist seit Jahren die wichtigste Wachstumsregion in der Weltwirtschaft. Doch wie resistent ist diese Region gegenüber einem Konjunkturabschwung in den USA, fragen die Analysten der ABN AMRO.
Das Wachstum der Länder Ost-, Süd- und Zentralasiens ohne Japan (im Folgenden kurz: Asien) dürfte nach der Prognose der Asian Development Bank wie schon 2006 auch 2007 und 2008 über acht Prozent liegen. Die Bedeutung Asiens für die Weltwirtschaft nehme daher stetig zu und nach Ansicht vieler Experten steige dadurch auch die Resistenz der Region gegenüber einem konjunkturellen Abschwung in den "klassischen" Industrieländern. Die Hoffnung sei: Die Wirtschaft Asiens kopple sich ab und werde zu einem eigenständigen Motor der Weltwirtschaft. Der befürchtete Konjunkturabschwung in den USA hätte dann geringere Auswirkungen auf die Weltkonjunktur als in früheren Jahren.
Dafür spreche, dass der Aufschwung in vielen Emerging Markets Asiens, namentlich in den größten Volkswirtschaften der Region China und Indien, nicht allein von den Exporten getrieben werde. Der inländische Konsum wachse rasch durch die stark steigenden Einkommen und das Entstehen einer kaufkräftigen Mittelschicht. Auch die staatlichen Investitionen in die Infrastruktur seien ein eigenständiger Wachstumsmotor. Der Staatsverbrauch werde damit zu einer bedeutenden Nachfragekomponente und könne stabilisierend auf die Konjunktur wirken, wenn z.B. das Exportwachstum zurückgehen sollte. Basis für diese gestiegene Handlungsfähigkeit der Regierungen sei der enorme Bestand an Devisenreserven. Deren Wachstum habe sich in der ersten Hälfte des Jahres 2007 nochmals beschleunigt. Sie hätten in Asien insgesamt um 360 Mrd. USD zugenommen, was einer Zunahme um 16 Prozent entspreche. Mehr als 55 Prozent der Devisenreserven der Region würden auf China und Hongkong entfallen.
Die Unabhängigkeit Asiens von der Konjunktur in den Industrieländern habe daher nach Ansicht vieler Experten zugenommen. Wie weit dieser Prozess fortgeschritten sei, darüber gebe es jedoch unterschiedliche Ansichten. In jedem Fall habe die Bedeutung Asiens für den Welthandel zugenommen. Der Anteil der Region sei von 1990 bis 2006 von 21 auf 34 Prozent gestiegen. Dadurch habe sich auch der Anteil der Exporte am BIP der Region sich in diesem Zeitraum von knapp 30 auf fast 50 Prozent erhöht. Das sei nicht zuletzt auf eine starke Zunahme des Handels innerhalb Asiens zurückzuführen. Während sich der Handel Asiens mit anderen Weltregionen von 1990 bis 2006 verfünffacht habe, sei der Handel innerhalb Asiens (ohne Japan) um den Faktor 8,5 gestiegen. Das würde für eine gestiegene Unabhängigkeit der Region von der Konjunktur in den Industrieländern sprechen.
Die Experten der Asian Development Bank kämen jedoch zu einem anderen Ergebnis: Der Handel innerhalb Asiens sei vor allem auf eine vertikale Spezialisierung im Produktionsprozess zurückzuführen. Die Endprodukte würden seit Jahren unverändert zu fast 70 Prozent in die Industrieländer gehen. Das sei beispielsweise zum Handel innerhalb Europa ein Gegensatz, der in erster Linie auf unterschiedliche Nachfragepräferenzen und eine Produktdifferenzierung auf Grund des großen Binnenmarktes zurückzuführen sei.
Ein Rückgang der Exporte in die Industrieländer würde daher den Handel und die Konjunktur in Asien nicht unberührt lassen. Das spreche gegen die These einer Abkoppelung. Zumal die Entwicklungsstrategie der meisten Länder der Region auf Exportwachstum basiere. Wie bei einem Staffellauf würden sich bei mit zunehmendem technologischen Entwicklungsstand und steigenden Löhnen in einzelnen Länder die technisch weniger anspruchsvollen Produktionsprozesse in Länder mit niedrigeren Arbeitskosten verlagern. Südkorea, Singapur, Hongkong und andere hätten vor Jahrzehnten den Anfang gemacht, China, Vietnam, Indonesien und andere seien gefolgt. Werde dieser Prozess an einer Stelle, z.B. den Exporten in die Industrieländer gebremst, dann würden alle darunter leiden.
Asien könne sich daher nicht von der Konjunktur in den Industrieländern abkoppeln. Aber die internen Wachstumskräfte seien stark genug, um für anhaltend starkes Wachstum zu sorgen und die Region weiterhin zu einem lukrativen Ziel für Investitionen zu machen. Anleger sollten sich jedoch angesichts der Risiken für die Weltkonjunktur verstärkt auf die Länder konzentrieren, deren Abhängigkeit von den Exporten relativ gering sei. Das gelte vor allem für bevölkerungsreiche Länder mit einem großen Binnenmarkt wie Indien, Indonesien und China. Die Konjunktur in diesen Ländern dürfte unter einem Rückgang des Welthandels weniger stark leiden.
(04.12.2007/ac/a/m)
Das Wachstum der Länder Ost-, Süd- und Zentralasiens ohne Japan (im Folgenden kurz: Asien) dürfte nach der Prognose der Asian Development Bank wie schon 2006 auch 2007 und 2008 über acht Prozent liegen. Die Bedeutung Asiens für die Weltwirtschaft nehme daher stetig zu und nach Ansicht vieler Experten steige dadurch auch die Resistenz der Region gegenüber einem konjunkturellen Abschwung in den "klassischen" Industrieländern. Die Hoffnung sei: Die Wirtschaft Asiens kopple sich ab und werde zu einem eigenständigen Motor der Weltwirtschaft. Der befürchtete Konjunkturabschwung in den USA hätte dann geringere Auswirkungen auf die Weltkonjunktur als in früheren Jahren.
Dafür spreche, dass der Aufschwung in vielen Emerging Markets Asiens, namentlich in den größten Volkswirtschaften der Region China und Indien, nicht allein von den Exporten getrieben werde. Der inländische Konsum wachse rasch durch die stark steigenden Einkommen und das Entstehen einer kaufkräftigen Mittelschicht. Auch die staatlichen Investitionen in die Infrastruktur seien ein eigenständiger Wachstumsmotor. Der Staatsverbrauch werde damit zu einer bedeutenden Nachfragekomponente und könne stabilisierend auf die Konjunktur wirken, wenn z.B. das Exportwachstum zurückgehen sollte. Basis für diese gestiegene Handlungsfähigkeit der Regierungen sei der enorme Bestand an Devisenreserven. Deren Wachstum habe sich in der ersten Hälfte des Jahres 2007 nochmals beschleunigt. Sie hätten in Asien insgesamt um 360 Mrd. USD zugenommen, was einer Zunahme um 16 Prozent entspreche. Mehr als 55 Prozent der Devisenreserven der Region würden auf China und Hongkong entfallen.
Die Experten der Asian Development Bank kämen jedoch zu einem anderen Ergebnis: Der Handel innerhalb Asiens sei vor allem auf eine vertikale Spezialisierung im Produktionsprozess zurückzuführen. Die Endprodukte würden seit Jahren unverändert zu fast 70 Prozent in die Industrieländer gehen. Das sei beispielsweise zum Handel innerhalb Europa ein Gegensatz, der in erster Linie auf unterschiedliche Nachfragepräferenzen und eine Produktdifferenzierung auf Grund des großen Binnenmarktes zurückzuführen sei.
Ein Rückgang der Exporte in die Industrieländer würde daher den Handel und die Konjunktur in Asien nicht unberührt lassen. Das spreche gegen die These einer Abkoppelung. Zumal die Entwicklungsstrategie der meisten Länder der Region auf Exportwachstum basiere. Wie bei einem Staffellauf würden sich bei mit zunehmendem technologischen Entwicklungsstand und steigenden Löhnen in einzelnen Länder die technisch weniger anspruchsvollen Produktionsprozesse in Länder mit niedrigeren Arbeitskosten verlagern. Südkorea, Singapur, Hongkong und andere hätten vor Jahrzehnten den Anfang gemacht, China, Vietnam, Indonesien und andere seien gefolgt. Werde dieser Prozess an einer Stelle, z.B. den Exporten in die Industrieländer gebremst, dann würden alle darunter leiden.
Asien könne sich daher nicht von der Konjunktur in den Industrieländern abkoppeln. Aber die internen Wachstumskräfte seien stark genug, um für anhaltend starkes Wachstum zu sorgen und die Region weiterhin zu einem lukrativen Ziel für Investitionen zu machen. Anleger sollten sich jedoch angesichts der Risiken für die Weltkonjunktur verstärkt auf die Länder konzentrieren, deren Abhängigkeit von den Exporten relativ gering sei. Das gelte vor allem für bevölkerungsreiche Länder mit einem großen Binnenmarkt wie Indien, Indonesien und China. Die Konjunktur in diesen Ländern dürfte unter einem Rückgang des Welthandels weniger stark leiden.
(04.12.2007/ac/a/m)